Der Rost ist Geschichte.

2015

Plagwitz und Lindenau retten ihren Eisenwarenladen Foto: Archiv

Der Verein Fedor Gross e.V. kauft mit Hilfe von Nachbar*innen, Freund*innen und einer erfolgreichen Crowdfunding-Kampagne die Firma Fedor Gross von Dorothea Frank, der Enkelin des Firmengründers Heinrich Fedor Groß. Rund 100 Menschen helfen beim Crowdfunding. „Ein Weihnachtswunder!“, findet die Leipziger Volkszeitung, und das Portal Futurzwei stellt fest: „Mission erfüllt!“

2009

Jürgen und Dorothea Frank bei der 100-Jahr-Feier auf dem Hof (2004) Foto: Christina Weiß

Dorothea Frank löst ihren Mann Jürgen als Inhaberin ab. Weihnachten gehören die beiden jetzt der Familie, statt im Laden Schrauben zu zählen: Die Firma ist kein „Vollkaufmann“ mehr, die Pflicht zur jährlichen Inventur ist passé.

1994

Straßenbahnwerbung 1994 Foto: Archiv

Zum 90-jährigen gönnt sich Fedor Gross Reklame auf einem zweiteiligen Straßenbahnzug der Modellreihe Tatra T3. Der Laden läuft: Sieben Angestellte beliefern Handwerker und Baustellen in der Stadt mit Werkzeug und Baumaterial.

1990

Leipziger Näherinnen entfernen Emblem Foto: W. Grubitzsch, Bundesarchiv, Bild 183-1990-0920-012 / CC-BY-SA 3.0

Währungsunion: Betriebe können ihre Guthaben an Mark der DDR zum Kurs 2:1 in D-Mark tauschen. Jürgen und Dorothea Frank kaufen moderne Warenträger, eine Lichtwerbeanlage und ein dreiteiliges Schaufenster aus Sicherheitsglas. Vertreter westdeutscher Hersteller geben sich auf einmal die Klinke in die Hand.

1987

Wolga GAZ-24 Foto: Dmitry Terekhov, Flickr / CC-BY-SA 2.0

Jeden Monat besucht Jürgen Frank mit seiner „Wolga“-Limousine Produktionsbetriebe und verhandelt dort um Werkzeug und Schrauben. Die Planwirtschaft bevorzugt eigentlich die Staatsbetriebe bei der Warenzuteilung, der private Einzelhandel geht meist leer aus. Aber Frank ist ein geschickter Verhandler. Gar nicht selten kommt er mit Ware zurück, die es eigentlich gar nicht zu kaufen gibt. Als einmal Bohrmaschinen von „Smalcalda“ im Fenster liegen, fragen Kunden ungläubig nach: Sind die echt? Sind das Attrappen?

1984

Alfred Groß, der Ziehsohn des Gründerpaars Fedor und Gertrud Groß, stirbt mit 69. Der Betrieb geht an Fedors Enkelin Dorothea Frank und ihren Mann Jürgen über, sie ist gelernte Verkäuferin, er Tischler. Noch heute erzählen die beiden stolz: Nur vier private Betriebe in der DDR durften im Werkzeugkombinat Schmalkalden einkaufen, einer davon war Eisen-Gross.

1972

Straßenbahn am Brühl Foto: Fr. Gahlbeck, Bundesarchiv, Bild 183-L1124-0016 / CC-BY-SA 3.0

Politbüro und Ministerrat beschließen die Verstaatlichung aller noch privaten Betriebe mit mehr als 10 Beschäftigten. Alfred Groß kann das Geschäft in Familienhand halten. Vielleicht ist er einfach klein genug – vielleicht weiß der Rat der Stadt aber auch, dass Eisen-Gross eine wichtige Versorgungsfunktion für Betriebe und Bürger erfüllt.

1952

Plakatausschnitt Foto: Stiftung Haus der Geschichte / EB-Nr. 1992/10/580

Fedor Gross stirbt mit 76 Jahren. Seit 1951 gilt zum ersten Mal ein Fünfjahresplan für die Wirtschaft in der DDR. Ressourcen sind knapp, Produktionskapazitäten beschränkt. In der Werkstatt bei Eisen-Gross werden nun auch Ofenrohre geformt und genietet, die vorn im Laden verkauft werden.

1944

Bombenschäden am Hauptbahnhof (1944) Foto: Sammlung Leipniz IfL

Die Firma Fedor Gross wird in eine Offene Handelsgesellschaft umgewandelt, Fedors Ziehsohn Alfred tritt mit 29 Jahren als Teilhaber ein. Nach den schweren Bombenangriffen im Dezember 1943, die vor allem das Stadtzentrum zerstört haben, glaubt in Leipzig niemand mehr an den „Endsieg“, größere Betriebe verlagern ihre Produktion in Vororte.

1929

Hof mit Lagerschuppen (ca.1925) Foto: Adolf Richter, Lindenau / Archiv

Fedor Gross feiert 25-jähriges Firmenjubiläum mit üppigem Blumenschmuck im Laden und am Haus. Neben den Eheleuten Fedor und Gertrud Groß arbeiten drei Ladengehilfen und ein Fahrer für den Betrieb. Für das Erinnerungsfoto hat sich die gesamte Belegschaft im Hof vor dem Baustahl-Lager versammelt.

1915

Jubiläumsblatt 1914 Foto: Archiv

Das 10-jährige Jubiläum hatte die Firma Fedor Gross noch an der alten Adresse in der Josephstraße 33 gefeiert, nun zieht sie in die neuen, geräumigen Ladenräume am heutigen Standort um. Im Hof stehen Lagerschuppen, die ehemalige Werkzeugfabrik von Serra & Bülow im Hofgebäude wird ladeneigene Werkstatt. Während des ersten Weltkriegs schmeißen die Frauen den Laden: Verkäuferinnen und Ladengehilfinnen stehen auf der Lohnliste.

1912

Entwurfszeichnung 1911 Foto: Haus & Capital / Tob. Wachter [Montage]

An der Ecke Karl-Heine-/Josephstraße eröffnet ein vierstöckiges Kaufhaus nach neuestem Geschmack, der „Josephkonsum“. Fedor Groß kauft das Haus in der Josephstraße 47, dessen Schaufenster werbewirksam und absatzfördernd gegenüber dem Ausgang des Kaufhauses liegen. Im Hintergebäude befindet sich damals noch eine Fabrik für Maschinenfräser und Hobelwellen.

1904

Ehepaar Groß Foto: Archiv

Heinrich Fedor Groß, gelernter Kaufmann aus dem sächsischen Werdau, kauft die Eisenwarenhandlung in der Josephstraße 33 von Friedrich Dillinger, dem glücklosen Erfinder. Über die übrigen Dillingerschen Unternehmen wird das Konkursverfahren eröffnet. Heinrich Fedor heiratet 1910 die Plagwitzerin Anna Gertrud Schubert.

1900

Werbeanzeige 1904 Foto: Der Komet, Nr. 1000, Pirmasens

Friedrich Dillinger erweitert die Eisenwarenhandlung offiziell zur „Karussellfabrik“. Reichsweit wirbt er für Themen-Karussells, die er selbst fertigt: Den „Velocipedenritt“ oder die  „Automobilfahrt“. Handelsvertreter reisen für ihn. Das Unternehmen kommt in Schwierigkeiten, vielleicht geht die Zeit der mechanischen Unterhaltungsautomaten zu Ende. Der neueste Schrei auf den Jahrmärkten sind die Filmprojektoren von Edison und Pathé.

1891

Briefbogen Rob. Scholz & Cie., Modellfabrik Foto: Archiv / Seb. Stiess

Lindenau wird Stadtteil von Leipzig. Dillinger gründet die Eisenwarenhandlung in einem Neubau, Josephstraße Nr. 33. Sie besteht schon aus Lager, Werkstatt und Ladengeschäft. Hier erfindet er mit seinem Freund Heinrich Bockhardt diverse Jahrmarktautomaten und meldet internationale Patente an, unter anderem für ein „Revolving or Rolling Panoramic Exhibition and Apparatus“ (1899)

1884

Festhalle des Bundesschießens in Leipzig (1884) Foto: Gartenlaube / Wikipedia

Friedrich Dillinger kommt als 24-jähriger Schlossergeselle aus Baden nach Leipzig, wird Meister und heiratet. Vor der „Polytechnischen Gesellschaft“ referiert er zum Thema „Schlösser aus verschiedenen geschichtlichen Epochen.“